125 Jahre Wasserbilliger Männerchor
„Wir sind Kinder mit grauen Haaren“
An Weihnachten vor 125 Jahren hatten rund 20 Wasserbilliger den männlichen Gesangverein gegründet. Ihrer Tradition sind sie treu geblieben.
06.12.2022
Wenn Yvon Streff über die allererste Vereinsfahne der Chorale Municipale Sängerbond Museldall in Wasserbillig spricht, kommen bei ihm die Erinnerungen hoch. Denn das Symbolstück des Ende des 19. Jahrhunderts gegründeten Männerchors galt lange Zeit als verloren. „Es wurde früher vermutet, dass die Nazis die Fahne nach dem Zweiten Weltkrieg verschleppt hatten“, erzählt Vereinspräsident Streff. Doch dann tauchte sie wieder auf: Mitte der 1980er-Jahre fand man sie zufällig in einem ehemaligen Wasserbilliger Hotel unter der Bühne des Festsaales. „Sie war vorsorglich versteckt“, sagt Streff.
- Mehr als ein Jahrhundert Geschichte: Der Sängerbond war immer und bleibt ein weltlicher Männerchor. Foto: Männerchor Museldall
- Zwei “Dinosaurier”: Vereinspräsident Yvon Streff (links) und Michel Kohn, Vizepräsident und Schriftführer. Foto: Chris Karaba
- Urkunden, Fotos, Auszeichnungen aus den vergangenen Zeiten hängen im Proberaum des Vereins. Foto: Chris Karaba
- Die allererste Vereinsfahne des Gesangkollektivs galt lange Jahre als verschollen. Foto: Chris Karaba
- 16 Gesangwettbewerben, darunter drei im Ausland, nahm der Sängerbond in seiner Vereinsgeschichte teil. Foto: Chris Karaba
Nun hängt das historische Stück im Proberaum des Vereins über der ehemaligen Kapelle in Wasserbillig und zeugt von einer bewegenden Geschichte der Chorale. Denn Ende Dezember wird der Sängerbond Museldall 125 Jahre alt. Bereits seit dem Frühling finden verschiedene Feierlichkeiten anlässlich des Jubiläums in der Region statt. Doch das Highlight steht noch bevor: Am 18. Dezember wird das Abschlusskonzert der Chorale Jung und Alt anziehen.
Sieben Präsidenten, 20 Dirigenten
Wie alles mit dem Chor begann: Rund 20 Männer gründeten am zweiten Weihnachtstag 1897 den weltlichen Männergesangverein Wasserbillig. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Vereinigung in Sängerbond Museldall Waasserbëlleg umgenannt. Seiner Tradition als weltlicher Männerchor ist der Verein im Laufe der Jahre immer treu geblieben.
- 1 / 5Diese Partitur ist mehr als 100 Jahre alt: Die Musikkomposition von Mathieu Neumann, die der Verein zuallererst genutzt hatte. Foto: Chris Karaba
- 2 / 5Der Sängerbond Museldall bei seinem Galakonzert „Viva la Fiesta“ 2010 in Wasserbillig. Foto: LW-Archiv
- 3 / 5Mehr als 800 historische Notenblätter hängen im Schrank im Proberaum des Vereins. Foto: Chris Karaba
- 4 / 5Eine Schallplatte mit der historischen Aufnahme des Chors ist auch dabei. Foto: Chris Karaba
- 5 / 5Der Verein beim ersten Ausflug zum Bodensee im Jahre 1979. Foto: Männerchor Museldall
- Sieben Präsidenten, 20 Dirigenten: „Ein gewaltiges Stück Geschichte“, sagt Vereinspräsident Streff über die Chorale Municipale. Zurzeit zählt der Männerchor rund 30 aktive Mitglieder und ist längst über die Grenzen der Moselregion hinaus gewachsen. Sänger aus Niederanven, Junglinster, Mompach, Steinheim oder Echternach, aber auch aus den benachbarten deutschen Gemeinden gehören dem Chor an. Das Durchschnittsalter der Mitglieder sei 65 Jahre, berichtet Yvon Streff. Das älteste Mitglied des Chores ist 91, das Jüngste ist vor 33 Jahren geboren.
„Dinosaurier“ und jüngere Mitglieder
Ferdinand Bauer aus Langsur (D) singt bereits seit 20 Jahren beim Museldall. „Ich war zuvor Mitglied in einem Kirchenchor“, erzählt der 83-Jährige. „Ich wollte aber immer weltliche Lieder singen.“ Mit Nachwuchsproblemen sei der Verein nicht konfrontiert, berichtet Streff. „Wir haben vier neue Mitglieder im Laufe dieses Jahres hinzugewonnen.“
Yvon Streff ist selbst ein „Dinosaurier“ bei der Chorale, wie er die langjährigen Mitglieder schmunzelnd bezeichnet. Mit 13 Jahren tritt der Wasserbilliger dem Chor bei: „In dem Alter durfte ich noch nicht raus. Als Mitglied konnte ich dann mehr unter den Leuten sein.“ Seit 49 Jahren ist er dabei und zeigt keine Spur von Langeweile: „Das Ambiente, das bei so einem Männerchor herrscht, das schweißt einfach zusammen.“
Theaterstücke sehr beliebt
Einmal pro Woche proben die Sänger, umgeben von den historischen Vereinsfahnen, Archivfotos, Gesangsurkunden und vielen anderen Belegstücken der Geschichte der Chorale. In diesem Ambiente studieren sie verschiedene klassische, Chanson-, Volks- und Schlagerlieder ein. Die Sprache der Gesangstücke sei kein Hindernis, sagt Streff. Neben deutschen, luxemburgischen und englischen Liedern gehören zum Repertoire auch Stücke in italienischer oder französischer Sprache. Sogar auf Russisch hatte der Chor bereits gesungen.
An 16 Gesangwettbewerben, darunter drei im Ausland, nahm der Sängerbond in seiner Vereinsgeschichte teil und holte fast immer den ersten Preis. Konzerte im In- und Ausland, verschiedene Feste und Feierlichkeiten, Auftritte im Fernsehen und Radio sowie die Aufnahmen von CDs sind mittlerweile zum Alltag geworden.
Nicht mehr wegzudenken ist ebenfalls die Theatergruppe des Vereins, deren Gründung auf Anfang 1909 zurückgeht. Jedes Jahr führt die Truppe ein Theaterstück in Wasserbillig auf. „Die Stücke sind sehr beliebt. Wir haben dort unser Stammpublikum“, erzählt Yvon Streff.
Dirigentin als Herzstück der Chorale
Doch was ist das Erfolgsrezept des Gesangvereins? „Freude am Singen, die Geselligkeit, das Zusammenmusizieren“, sagt Präsident Streff. Er sei immer wieder erstaunt über die „gute Disziplin“ im Chor, die professionelle „Aussprache“ beim Singen und die Nuancierung. Und was wäre der Gesangverein ohne seine Dirigentin?
Seit 2011 gehört Viviane Hames-Kohn zum Herzstück der Wasserbilliger Traditions-Chorale. „Wir sind Kinder mit grauen Haaren“, sagt die ausgebildete Pianistin und Solfège-Pädagogin am hauptstädtischen Konservatorium. „Wir sind mittlerweile eine große Familie und ich finde es schön, wenn alle im Chor mitmachen, wie ich es möchte.“
Weihnachtskonzert der Chorale
Anlässlich des 125. Jubiläums findet am Sonntag, dem 18. Dezember, im Wasserbilliger Kulturzentrum das Weihnachtskonzert des Chors unter dem Namen „Advent, Advent…. E Liichtche brennt“ statt. Von 17 Uhr bis 19 Uhr singen die Männer der Chorale Municipale zusammen mit dem Knabenchor „Pueri Cantores“ des hauptstädtischen Konservatoriums Lieder aus dem Weihnachtsrepertoire. Die Tickets gibt es zum Vorverkaufspreis von 20 Euro bei der Tourist-Info in Wasserbilligerbrück (D), auch sind Karten am Tag des Konzerts an der Abendkasse ab 16 Uhr zu erwerben.